1. Krefeld

Liebes-Spiele in der Puppenstube

Liebes-Spiele in der Puppenstube

Ein Herzog betet die Gräfin an, die ihrerseits einen verkleideten Jüngling liebt. Dieser wiederum liebt den Herzog. Gefühlswirrwarr der Shakespeare- Komödie „Was ihr wollt“. Das Theater Krefeld bringt sie neu auf die Bühne.

Der bunt gekleidete Narr aus dem Mittelalter (Joachim Henschke) zieht an Seilen ein gigantisches Puppenhaus auf die Bühne. In den einzelnen Stübchen agieren Menschen undefinierbarer Zeitepochen: der korrekt gekleidete Diener (Daniel Minetti) und das Hausmädchen im kurzen Rock (Esther Keil) erinnern an einen Patrizierhaushalt der Jahrhundertwende; Herzog Orsino (Adrian Linke) lässt mit seiner blonden Mähne und der dunklen Sonnenbrille an einen gelangweilten Rockstar auf Tourneepause denken.

Die offene Puppenstube ist ein praktischer Einfall: sie ersetzt die vielen Aufs und Abs in Shakespeares Originaltext durch permanente Bühnenpräsenz.

Leider scheint sie mit dafür verantwortlich, dass viele Textpassagen nur schwer verständlich ans Ohr der Zuschauer dringen.

Vielleicht hat Regisseur Martin Schulze das gemerkt und platziert deshalb die Schauspieler so gern an die Bühnenrampe, aufdass sie direkt ins Publikum hineinsprechen und weniger miteinander agieren.

Doch hat das Reden in den Raum hinein wohl eine tiefere Bedeutung: Es ist Zeichen der Abkapselung der Figuren. Genau dies scheint auch die Puppenstube zu symbolisieren. Zwar sind die Zimmerchen durch Treppchen miteinander verbunden, doch führt jede Figur in ihrem Refugium ein Eigenleben. Genau dies trifft die Befindlichkeit des Shakespearschen Personals, das trotz permanenter Liebesbekundungen merkwürdig selbstbezogen bleibt: die Einsamkeit des Menschen als die geheime Tragödie innerhalb der Komödie.

Dass die gewichtige Kulisse mit quirligem Leben erfüllt wird, verdankt die Aufführung dem spritzig agierenden Ensemble. Allen voran Nele Jung. Sie hatte schon in der „Pension Schöller“ bewiesen, dass ihr die Hosenrolle des kecken Jünglings auf den Leib geschneidert ist. Henrike Hahn als Gräfin Olivia ist nicht die unnahbar Hohe Frau, sondern ein kokettes Girlie. Ronny Tomiska sorgt als Sir Andrew mit Schwert in der Hand und Vespahelm auf dem Kopf für den komischen Part. Aus Kapitän Antonio hat Regisseur Schulze einen Homosexuellen geformt, was ein Anklang an den Zeitgeist sein mag, jedoch im bemühten Klischee stecken bleibt; trotz der hervorragenden Darstellung durch den stilsicheren Christopher Wintgens.

Eine wichtige Rolle zur Rundung der Aufführung spielt die berührende Musik vom Band. Sie teilt das Stück spürbar in melancholische und turbulente Passagen ein.

Insgesamt ein vergnüglicher Abend, dessen Spannungsbogen bis zum Schluss anhält. Langer und starker Applaus des Publikums.

Weitere Aufführungen: 3., 7. (16 Uhr), 12., 14., 19., 23., 27. (18 Uhr) Juni. Beginn: 19.30 Uhr. Karten an der Theaterkasse, Tel.: 02151/805-125.

(City Anzeigenblatt Krefeld II)